Mobilität ist nicht geschlechtergerecht, denn die unterschiedlichen Bedürfnisse und Erfahrungen von Frauen und Männern werden bei der Planung von Mobilitätsangeboten oder -infrastrukturen zu selten berücksichtigt. In einem heute vorgestellten Paper beschreiben die IKEM-Wissenschaftlerinnen Katharina Csillak und Sophie Kamenz am Beispiel des Ladeinfrastrukturausbaus, wie die Gleichstellung der Geschlechter praxisnah betrachtet werden kann.
“Statistiken zeigen, dass die meisten Fahrer:innen von E-Autos Männer sind. Ursache dafür sind unterschiedliche Mobilitätsmuster, die wiederum durch eine geschlechtsspezifische Rollenverteilung, Einkommensunterschiede und Sicherheitsaspekte entstehen”, sagt Katharina Csillak.
“Um einen geschlechtsneutralen Zugang für die Elektromobilität zu schaffen, muss das Wissen über die unterschiedlichen Bedürfnisse von Frauen und Männern zukünftig in die Planung und Gestaltung von Ladeinfrastruktur einfließen“, so Sophie Kamenz und nennt konkrete Vorschläge, die den Nutzungsbedürfnissen von Frauen Rechnung tragen: „Öffentliche Ladeinfrastruktur sollte stets gut beleuchtet sein oder in der Nähe von Gebäudeeingängen und Wohngebäuden platziert werden. Kindergärten, Schulen, Parks, Geschäfte, Arztpraxen und Pflegeheime sind geeignete Standorte für Schnellladestationen.”
“Ein besonderes Augenmerk muss aber nicht nur auf der Verfügbarkeit der Ladeinfrastruktur liegen, sondern auch auf den Konzepte, die dahinterstecken”, folgern die Autorinnen und schlagen ein Kategoriensystem vor, das Wissenschaftler:innen und Praktiker:innen bei der Evaluation von Mobilitätsprojekten unterstützen soll. Neben einer Vielzahl anderer Kriterien wird dabei die Gestaltung von Ladeinfrastruktur in den Blick genommen: Ist die Ladesäule für Nutzer:innen und Begleitpersonen zugänglich? Gibt es auf dem zugehörigen Stellplatz genug Platz um Kinderwägen und Rollstühle auszuladen?
Dr. Kathleen Pauleweit, Gleichstellungsbeauftragte am IKEM, betont die Bedeutung von geschlechtssensibler Forschung: “Das IKEM setzt sich mit seiner Forschung für ein umfassendes Verständnis von Nachhaltigkeit ein. Das umfasst auch, das Ziel, dass alle weiblichen* Personen einen gleichberechtigten Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen und Infrastrukturen erhalten. Damit ist die Publikation ein wichtiger Schritt in Richtung Gender Mainstreaming in der Mobilitätsforschung.“
Die Untersuchung wurde im Rahmen des Projekts USER-CHI durchgeführt. Das IKEM forscht hier zu ethischen und datenschutzrechtlichen Fragen von Ladeinfrastrukturangeboten.
Die Publikation ist jetzt online abrufbar (auf Englisch): https://open-research-europe.ec.europa.eu/articles/3-47/v1.