Der Wohnungsmarkt in deutschen Großstädten ist aus Sicht der Mietenden seit Jahren in einer tiefen Krise: Bezahlbare Wohnungen sind Mangelware, gleichzeitig müssen viele Menschen mit zu kleinen Wohnungen auskommen, während andere in Wohnungen leben, die ihre tatsächlichen Bedürfnisse übersteigen. Ein Mittel, um gegen dieses Ungleichgewicht vorzugehen, könnte ein Recht auf Mietwohnungstausch darstellen. Das IKEM hat in einem heute veröffentlichten Rechtsgutachten untersucht, wie ein solcher gesetzlicher Anspruch auf Mietwohnungstausch rechtssicher ausgestaltet werden könnte. Ziel ist es, den Prozess zu erleichtern und das Potenzial des Mietwohnungstauschs als Instrument für mehr Gerechtigkeit auf dem Wohnungsmarkt zu nutzen.
Derzeit sieht das Mietrecht keinen Anspruch auf Mietwohnungstausch vor. Mietende sind daher auf die Zustimmung ihrer Vermieter:innen angewiesen, die ohne Begründung verweigert oder an Bedingungen geknüpft werden kann – beispielsweise an eine Erhöhung des Mietzinses. Hintergrund dieser Praxis ist der Schutz des Eigentumsrechts der Vermietenden, das nicht unangemessen eingeschränkt werden soll.
Das Gutachten des IKEM zeigt jedoch, dass ein gesetzlicher Anspruch auf Mietwohnungstausch verfassungskonform verankert werden kann, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Die Autor:innen schlagen vor, den Anspruch an spezifische Interessen der Mietenden zu knüpfen – etwa berufliche, familiäre oder gesundheitliche Gründe. Gleichzeitig soll Vermietenden ein Widerspruchsrecht eingeräumt werden, wenn in der Person der vorgeschlagene Tauschpartner:innen Gründe vorliegen, welche einen Tausch unzumutbar machen, beispielsweise wegen fehlender finanzieller Solvenz.
„Ein Recht auf Wohnungstausch lässt sich mit dem Grundgesetz vereinbaren, ähnlich wie bestehende Regelungen zum Eintritt in Mietverträge nach Scheidung oder Tod“, erläutert Leonie Durschang, Co-Autorin des Rechtsgutachtens. „Der Eingriff in die Eigentumsrechte der Vermieterinnen und Vermieter ist verhältnismäßig, wenn man die enormen gesellschaftlichen Vorteile für Klimaschutz und Wohnraumversorgung berücksichtigt. Unser Gesetzentwurf schafft einen fairen Ausgleich, der Vermietenden weiterhin die Möglichkeit gibt, den Tausch aus wichtigen Gründen abzulehnen.“
Das Gutachten wurde im Rahmen eines Projekts des WWF Deutschland erstellt, der parallel ein korrespondierendes Policy Paper veröffentlicht hat. Beide Dokumente stehen auf den Seiten des WWF zum Download bereit.