Stellungnahme

Internationale Seeschifffahrtsorganisation stärkt den Klimaschutz

Frachtschiff

Um die Treibhausgasemissionen im Schiffsverkehr zu senken, hat die internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) ihre Klimaschutzstrategie überarbeitet. Mit der Strategie zur Verringerung der Treibhausgasemissionen von Schiffen von 2023[1] setzt sich die IMO deutlich ambitioniertere Ziele als bislang. Das IKEM begrüßt diese Entscheidung, mahnt jedoch in der folgenden Stellungnahme zusätzliche Anstrengungen im Hinblick auf das 1,5-Grad-Ziel an.

Ambitioniertere Ziele zur Emissionsreduktion der Schifffahrt

Nach der nun überarbeiteten IMO-Strategie sollen die Treibhausgasemissionen der internationalen Schifffahrt bis 2050 bereits Netto-Null erreichen. Hinzu kommen indikative Kontrollpunkte, wonach bis 2030 eine Emissionsreduktion um 20 % erreicht und 30 % angestrebt werden sollen. Bis 2040 soll eine Minderung um 70 % erreicht und 80 % angestrebt werden. Schließlich soll der Anteil der emissionsfreien oder nahe-null-Emissions-Technologien, Kraftstoffe und Energiequellen am Energieverbrauch der internationalen Schifffahrt bis 2030 mindestens 5 % betragen, wobei 10 % angestrebt werden sollen.

Die erste, im Jahr 2018 beschlossene Strategie zur Verringerung der Treibhausgasemissionen von Schiffen[2] sah noch vor, dass der Höhepunkt der Gesamtemissionen schnellstmöglich erreicht werden soll. Zudem sollten die jährlichen Gesamtemissionen um mindestens 50 % bis 2050 reduziert werden. Dazu sollte im Schnitt die CO2-Intensität, also die CO2-Emission pro Transporteinheit im internationalen Seeverkehr, bis 2030 um mindestens 40 % gesenkt werden. Bis 2050 visierte die IMO eine Verringerung der CO2-Intensität um 70 % an. Referenzwert sind die Emissionen aus dem Jahr 2008.

Um die gesteigerten Ziele von 2023 zu erreichen, sollen mittelfristige Maßnahmen ergriffen werden. Darunter fallen zum einen neue Kraftstoffstandards, die eine schrittweise Reduktion der Treibhausgasintensität der Schiffskraftstoffe vorschreiben sollen. Zum anderen soll ein Preismechanismus für maritime Treibhausgasemissionen eingeführt werden. Derzeit werden weitere Maßnahmen diskutiert, wobei insbesondere ein Abgabensystem großen Zuspruch bei den staatlichen Delegierten fand. Die Staaten wollen in zwei Jahren mittelfristige Maßnahmen beschließen, die frühestens 2027 in Kraft treten werden.[3]

Verbleibende Ambitionslücken und Unklarheiten

Die Verschärfung der Ziele zeugt von einem deutlich höheren Ambitionsniveau, das zu begrüßen ist. Das Pariser Klimaabkommen gibt vor, dass die Erderwärmung auf deutlich unter 2 C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen ist und Anstrengungen für eine Begrenzung auf 1,5°C zu unternehmen sind. Die Zielvorgabe von Netto-Null-Emissionen bis 2050 bringt die IMO-Strategie auf einen Pfad, der mit dem erweiterten 2 C-Ziel des Pariser Klimaabkommens in Einklang steht.[4] Die Zielwerte zum Anteil von emissionsfreien Technologien am Energieverbrauch sind zudem ein wichtiger Schritt, um frühzeitige Investitionen in Technologien anzureizen, die für eine klimaneutrale Schifffahrt erforderlich sind.

Jedoch bleibt die Revision der IMO-Strategie hinter dem Ambitionsniveau zurück, das erforderlich ist, um das ambitioniertere 1,5°C-Ziel des Pariser Klimaabkommens einzuhalten. Der Emissionsreduktionspfad der überarbeiteten Strategie würde bereits etwa 2032 zu einer Überschreitung des für das 1,5 C-Ziel verbleibenden Emissionsbudgets führen.[5] Um das Pariser 1,5 C-Ziel zu erreichen, ist eine Emissionsreduktion um 36 % bis 2030 und 96 % bis 2040 erforderlich.[6]

Damit eine solch ambitionierte Reduktion der Emissionen gelingen kann, bedarf es frühzeitiger Investitionen in klimaneutrale Technologien und Kraftstoffe. Insbesondere in der Anfangsphase des Umstiegs auf nachhaltige Kraftstoffe sind marktbasierte Mechanismen wie ein Abgabensystem ein wichtiges Instrument, um die Preisdifferenz zu konventionellen Kraftstoffen auszugleichen.[7] Ein Preismechanismus, der – wie im Zeitplan der IMO-Strategie vorgesehen – frühestens 2027 in Kraft tritt, kommt jedoch zu spät, um frühzeitig signifikant verstärkte Energieeffizienzmaßnahmen und Investitionen in nachhaltige Kraftstoffe anzureizen, wie es für eine Emissionsreduktion um 36 % – oder selbst 20 % – bis 2030 erforderlich ist.

Hintergrund zu den Verhandlungen

Der Ausschuss für den Schutz der Meeresumwelt (Englisch Marine Environment Protection Committee, kurz MEPC) hat am 7. Juli 2023 am Ende seiner 80. Sitzung (3. bis 7. Juli 2023) in London die überarbeitete IMO-Strategie zur Verringerung der Treibhausgasemissionen von Schiffen angenommen.

Der Umweltausschuss ist ein Gremium unter der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation (Englisch International Maritime Organization, kurz IMO), die als Sonderorganisation der Vereinten Nationen für die Sicherheit der Schifffahrt und die Verhütung von Meeres- und Luftverschmutzung durch Schiffe zuständig ist. Die IMO zählt 175 Mitgliedstaaten, die 50 internationale Übereinkommen und Protokolle für den Schifffahrtssektor angenommen haben. Bei der 80. MEPC-Sitzung tagten rund 1.800 Delegierte.

Im Rahmen von TransHyDE und CAMPFIRE unterstützt das IKEM die Dekarbonisierung der Schifffahrt, unter anderem mit Forschung zu Ammoniak als alternativer und klimafreundlicher maritimer Kraftstoff.

Fußnoten

[1] IMO, 2023 IMO Strategy on Reduction of GHG Emissions from Ships, Resolution MEPC.377 (80), https://wwwcdn.imo.org/localresources/en/MediaCentre/PressBriefings/Documents/Resolution MEPC.377(80).pdf.

[2] IMO, Initial IMO Strategy on Reduction of GHG Emissions from Ships, Resolution MEPC.304 (72), https://wwwcdn.imo.org/localresources/en/KnowledgeCentre/IndexofIMOResolutions/MEPCDocuments/MEPC.304(72).pdf.

[3] Vgl. den Zeitplan der IMO Strategy, IMO, Resolution MEPC.377 (80), Annex, 6.2; siehe auch Smith/Shaw, An overview of the discussions from IMO MEPC 80 and Frequently Asked Questions, S. 10.

[4] Comer/Carvalho, IMO’s newly revised GHG strategy: What it means for shipping and the Paris Agreement, https://theicct.org/marine-imo-updated-ghg-strategy-jul23/.

[5] Comer/Carvalho, IMO’s newly revised GHG strategy: What it means for shipping and the Paris Agreement, https://theicct.org/marine-imo-updated-ghg-strategy-jul23/.

[6] Bonello et al., Science based target setting for the maritime transport sector, S. 15.

[7] Baresic/Rojon/Shaw/Rehmatulla, Closing the Gap.

Kontakt

IKEM – Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V.

Projekt

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