Studie zeigt rechtliche Hemmnisse auf – Mit Experimentierklauseln Sektorkopplung voranbringen

Die Sektorkopplung verspricht, die Energiewende auch auf Mobilität und Wärmeerzeugung zu übertragen. Rechtliche Hürden verhindern aber bislang den wirtschaftlichen Betrieb solcher Verfahren und Anlagen. Experimentierklauseln können Abhilfe schaffen und die Umsetzung der Sektorkopplung ermöglichen, ohne ein neues Förderregime zu etablieren. Das ist das Ergebnis einer Studie des IKEM – Instituts für Klimaschutz, Energie und Mobilität, die das Ministerium für Energie, Infrastruktur und Digitalisierung Mecklenburg-Vorpommern in Auftrag gegeben hatte.

Berlin, 06.03.2019. Mecklenburg-Vorpommern ist Vorreiter bei der Energiewende. Im Jahresmittel erzeugt das Bundesland mehr Strom aus erneuerbaren Quellen als es verbraucht. In Zeiten von Netzengpässen oder zu geringer Nachfrage müssen Erneuerbare-Energie-Anlagen jedoch abgeregelt werden. Im Jahr 2017 ging so eine Leistung von rund 5.500 Gigawattstunden ungenutzt verloren.

„Es ist eines unser wichtigsten Anliegen, dass die saubere Energie, die bei uns im Land erzeugt wird, auch vollständig genutzt wird. Nur dann wird der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien die erforderliche öffentliche Akzeptanz finden“, sagt Mecklenburg-Vorpommerns Energieminister Christian Pegel und fügt hinzu: „Deshalb ist die Sektorkopplung unverzichtbarer Bestandteil der Energiewende. Sie wurde jedoch ausgebremst durch rechtliche Hemmnisse, Strom in anderen Sektoren einzusetzen. Das soll sich dank Experimentierklauseln ändern.“

Bislang belasten die Stromnebenkosten den wirtschaftlichen Betrieb von Speichern und Power-to-X-Anlagen, da Steuern und Abgaben auf den über die Netze transportierten Strom sowie das veredelte Endprodukt fällig werden. Die Experimentierklauseln sollen ermöglichen, dass neue Anlagen erprobt werden können, bei denen die Erzeugungsanlagen, Energiespeicher und Power-to-X-Anlagen virtuell über das Stromnetz gekoppelt sind. „Durch diese Kopplung wird die Stromerzeugung aus volatilen Energieträgern planbarer. Strom aus erneuerbaren Energien, der nicht innerhalb der Anlagenkopplung genutzt werden soll, kann planbar und vorhersehbar in das Netz eingespeist werden. Außerdem verbleibt der Großteil der Wertschöpfung in der Region“, so Christian Pegel.

Simon Schäfer-Stradowsky, Geschäftsführer des IKEM – Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität: „Experimentierklauseln bringen die Energiewende voran, ohne sie mit neuen Förderungen zu belasten. Im Gegenteil: Das vorgeschlagene Modell ist eine regulatorischen Befreiung. Der Abbau der rechtlichen Hemmnisse verleiht innovativen Geschäftsmodellen einen neuen Schub und schützt so unser Klima.“

Mit der Studie liegt ein vollständiger Gesetzesentwurf für Experimentierklauseln vor. „Für eine echte Energiewende muss das Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der Experimentierklausel jetzt eingeleitet werden. Das kann etwa im Bundesrat durch ein Bündnis der Länder erfolgen, die dazu bereit sind“, so Schäfer-Stradowsky. Ein Gesetzgebungsverfahren kann zugleich im Bundestag angestrebt werden.

Die Studie richtet sich auch an die Bundesregierung: Teile der Experimentierklauseln lassen sich in die bereits für 2019 geplanten Innovationsausschreibungen integrieren. Anknüpfungspunkte für die Experimentierklauseln können auch die notwendigen Umsetzungen zur Erneuerbaren-Energie-Richtlinie II sein, die zum 30. Juni 2021 fällig werden, und das Auslaufen der Verordnung zur Schaffung eines rechtlichen Rahmens zur Sammlung von Erfahrungen im Förderprogramm „Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende“ (SINTEG) im Jahr 2022.

Hintergrund: Sektorkopplung

Für eine erfolgreiche Energiewende muss nicht nur der Stromsektor auf erneuerbare Energien umgestellt werden, sondern auch im Wärme- und Verkehrsbereich müssen diese erheblich stärker genutzt werden. Dies geschieht etwa durch den direkten Einsatz von erneuerbaren Energien, indem zum Beispiel ein Haus mittels Solarthermie beheizt wird. Zusätzlich hilft auch der Einsatz von Strom aus Erneuerbaren, die Energiewende in den anderen Sektoren voranzubringen. Wird dieser sauber erzeugte Strom genutzt, um in anderen Sektoren den Einsatz fossiler Energien zu reduzieren, spricht man von „Sektorkopplung“. Ein Beispiel für die Sektorkopplung ist der Einsatz von Power-to-X-Verfahren, mit denen sauber erzeugter Strom zum Beispiel in Gas umgewandelt und dieses dann als umweltfreundlicher Treibstoff eingesetzt werden kann.

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