Die IKEM-Jahrestagung fand in diesem Jahr in Greifswald statt – ein Beleg für die Bedeutung der langjährigen Zusammenarbeit zwischen dem Institut und der Universität Greifswald. Aus diesem Anlass werfen wir einen Blick auf die Geschichte dieser Zusammenarbeit und den Gewinn, den sie für die Forschung beider Einrichtungen darstellt.
Im Jahr 2004 veranstaltete die Universität Greifswald ihre erste Sommerakademie, ein mehrtägiges Programm, initiiert von Dr. Rodi, um den interdisziplinären Dialog über den Klimawandel zu fördern. Die Akademie stieß auf große Resonanz bei Klimaforscher:innen auf der Suche nach internationalem Austausch und sie zeigte die Notwendigkeit einer stärkeren interdisziplinären Zusammenarbeit im Bereich des Klimawandels auf – und führte damit schließlich zur Gründung des IKEM.
„Der internationale Blickwinkel der Sommerakademie war einzigartig“, sagt Anika Nicolaas Ponder, die die Konferenz, die mittlerweile jährlich unter dem Namen IKEM Academy stattfindet, seit 11 Jahren koordiniert. „Das Programm bot einen globalen Austausch über den Klimawandel zu einer Zeit, als solche Gelegenheiten noch relativ selten waren.“
Rodi, der 1999 das Amt des Vorsitzenden der Fakultät für Rechts- und Wirtschaftswissenschaften der Universität übernommen hatte, sah in der Akademie die Chance, ein dauerhaftes Forum für die internationale, interdisziplinäre Zusammenarbeit im Bereich des Klimawandels zu schaffen. Er legte dem Senat der Universität Pläne für ein Institut vor, das die traditionellen Grenzen zwischen den Disziplinen überbrücken sollte, indem es Fragen an der Schnittstelle von Umwelt- und Finanzrecht erforscht. Der Senat stimmte den Plänen zu und 2009 gründete Rodi mit der Unterstützung von Prof. Christian Held und Dr. Friedrich Hagemeyer das IKEM, und richtete einen Sitz für das neue Institut in Berlin ein. „Ich bin der Universität, Professor Held und Dr. Hagemeyer sehr dankbar für ihre Unterstützung bei diesem Projekt“, sagt Rodi.
Das IKEM und die Universität schlossen einen Kooperationsvertrag, der die Bedingungen der Partnerschaft festschrieb, wie etwa den gemeinsamen Zugang zu Forschungseinrichtungen, erklärt Jonathan Metz, der seit Anfang 2021 das IKEM-Büro in Greifswald leitet. „Heute gibt es auf mehreren Ebenen Überschneidungen zwischen dem IKEM und der Universität, vom Personal bis zur Projektauswahl“. Im Rahmen des Projekts Netz-Stabil hat das IKEM auf diese Weise gemeinsam mit Forscher:innen der Universität Ansätze zur Netzstabilisierung in Mecklenburg-Vorpommern, dem Standort der Universität, evaluiert.
Die Zusammenarbeit zwischen dem Institut und der Universität bringt für beide Einrichtungen entscheidende Vorteile. Während die Universität dem IKEM ein Maß an finanzieller Stabilität zusichert – ein wertvolles Gut angesichts des oft harten Wettbewerbs um Forschungsgelder – verfügt das IKEM wiederum über größere Flexibilität bei der Projektauswahl, mit weniger bürokratischen Hürden, was ein bedeutender strategischer Vorteil für die Forschung in einem sich schnell entwickelnden Bereich ist.
Simon Schäfer-Stradowsky, seit 2014 Geschäftsführer des IKEM, weiß um weitere Vorteile des Austauschs: „Als Nichtregierungsorganisation genießt das IKEM ein gewisses Maß an finanzieller Unabhängigkeit und gibt der Universität ein Standbein in der Zivilgesellschaft und eine internationalere Ausrichtung“. Im Gegenzug biete die Universität verschiedene Vorteile für das IKEM, „zum Beispiel eine solide akademische Grundlage, Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit exzellenten Forscher:innen und Wissenschaftler:innen und wichtige Infrastruktur wie IT-Support und Kommunikationstechnologie.“
Die Lage der Universität im nordöstlichen Mecklenburg-Vorpommern bietet ebenfalls Vorteile. Die Umgebung eröffnet einen Einblick in die deutsche Energiegeschichte und -gegenwart, von der die Arbeit des IKEM profitiert: Zur nahe gelegenen Energieinfrastruktur gehören das (inzwischen stillgelegte) Kernkraftwerk Lubmin sowie verschiedene On- und Offshore Windparks, die das Land zu einem Vorreiter der Energiewende gemacht haben.
Auf dem Programm der IKEM-Akademie stehen Besichtigungen dieser Anlagen, so dass die Teilnehmer:innen einen genauen Einblick in die vorhandene Energietechnologie erhalten. Auch die Forschung zur regionalen Energiewende, die am Interdisziplinären Forschungszentrum Ostseeraum (IFZO) in Greifswald durchgeführt wird, nimmt Bezug zur Infrastruktur vor Ort. Rodi, der den Energie-Cluster leitet, arbeitet mit einem Team von Post-Docs zusammen, die ebenso an IKEM-Projekten mitwirken.
Das Büro des IKEM in Berlin ergänzt die Vorteile des Universitätsstandortes Greifswald. Durch die Nähe zu wichtigen Akteuren in der Hauptstadt ist das IKEM besser in der Lage, Partnerschaften mit den Ministerien, führenden Unternehmen, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Forschungseinrichtungen in der Hauptstadt zu pflegen.
Auch die Hauptstadt selbst ist ein Zentrum der Energiewendeforschung, das Talente von Weltrang anlockt und den Pool hochqualifizierter Kandidat:innen für IKEM-Stellen vergrößert. Diese Mitarbeiter:innen bringen ihr Fachwissen in Projekte sowohl des Instituts als auch der Universität ein – was Michael Rodi als einen der Hauptvorteile der Partnerschaft ansieht. „Das IKEM bereichert die Klimakompetenz des Landes Mecklenburg-Vorpommern“, sagt er, „und das IKEM profitiert von der Zusammenarbeit mit der Universität, indem es seine wissenschaftliche Ausrichtung unterstreicht.“
Die beiden Institutionen planen, ihre Partnerschaft in den kommenden Jahren weiter auszubauen, auch wenn Rodi seinen langjährigen Lehrstuhl an der Universität aufgibt, um sich am IKEM stärker zu engagieren. Zu den aktuellen Plänen gehört die Einrichtung eines Klimaforschungsschwerpunkts an der Universität, der das IKEM und andere Einrichtungen in ein gemeinsames Forschungsnetzwerk einbinden soll. „Wir sehen die nächsten Jahre als Chance, eine noch engere Verbindung mit der Universität aufzubauen“, so Schäfer-Stradowsky.
In diesem Sinne könnte die Entscheidung des IKEM, die diesjährige Jahrestagung in Greifswald abzuhalten, also auch ein Vorbote für die Zukunft sein. Metz hält dies für eine vielversprechende Entwicklung. „Dass die Jahrestagung in Greifswald stattfindet, ist ein guter erster Schritt zu einer stärkeren Zusammenarbeit“, sagt er. „Ich hoffe, dass sich dadurch noch mehr Möglichkeiten zum Austausch ergeben.“