Allein in Deutschland beanspruchen Autos viele tausend Quadratkilometer Straßenfläche zum Fahren (und vor allem Parken). Das UBA-Projekt „Maßnahmen zur Umwidmung und Neuverteilung von Verkehrsflächen“ (MUV) sieht in diesen Flächen viel Potenzial für alternative Nutzungskonzepte: Untersucht werden Ansätze für aktive Mobilität, Verkehrsberuhigung und -lenkung mit dem Ziel, die Aufenthaltsqualität in unseren Städten zu steigern. Friederike Pfeifer, Leiterin des Mobilitätsteams, hat uns von Hürden, Paradebeispielen und Partizipationskonzepten erzählt.
Als ich das erste Mal von eurem Projekt gehört habe, musste ich an Nachbarschaftsfeste auf okkupierten Parkplätzen denken. Aber ich glaube, euer Plan ist etwas größer, oder?
Der Gedanke geht auf jeden Fall in die richtige Richtung! Die neue Nutzung von freigewordenen Parkständen, zum Beispiel für Parklets oder anderes Stadtmobiliar, gehört zu unseren Themen. Nachbarschaftsfeste sind weniger unser Kernbereich, aber kurzzeitige Umnutzungen, zum Beispiel temporär eingerichtete Spielstraßen und Verkehrsversuche, kommen im Projekt vor.
Das IKEM legt den Fokus seiner Arbeit auf die rechtlichen Rahmenbedingungen. Wo siehst Du da die größten Hürden und Potenziale?
Stadt- und Verkehrsplanung sind echte Gemeinschaftsaufgaben. Ohne die Vernetzung aller Beteiligten sind Veränderungen schwer umzusetzen. Es tut sich aber gerade sehr viel, sowohl in kommunalen Verwaltungen wie auch dem Rechtsrahmen selbst. Anpassungsbedarf besteht dennoch weiterhin, unter anderem in der Straßenverkehrsordnung (StVO). Für großflächige Veränderungen, zum Beispiel die Umgestaltung eines ganzen Stadtkerns, reichen Mittel der StVO allein außerdem nicht aus – hier liegen die Gestaltungsspielräume im Städtebaurecht. Da ist großes Potenzial.
Welchen Ansatz findest du besonders spannend?
Unsere Best Practices in MUV sind Köln, Dessau, München, Berlin und Potsdam. Da sind unterschiedlichste Ansätze dabei. Für mich waren die Pop-up-Radwege in Berlin besonders spannend: Die Veränderungen zu beobachten, wenn ich privat mit dem Rad durch die Stadt fahre, und quasi in Echtzeit darüber für das Projekt zu forschen, hat richtig Spaß gemacht.
Gibt es Beteiligungsformate für Bürger:innen, zivile Verbände, Unternehmen und ähnliches?
Ja, und zwar ganz verschiedene. So wurden im Verkehrsversuch Sendlinger Straße in München zum Beispiel Befragungen oder Workshops durchgeführt und mit den Ergebnissen wurde weitergearbeitet. Heute ist die Sendlinger Straße dauerhaft eine Fußgängerzone.
Was waren euere Meilensteine im Projekt?
Wir haben drei internationale Factsheets zu internationalen Best Practices erarbeitet, die bald veröffentlicht werden: Oslo, Pontevedra und Barcelona. Darin geht es unter anderem um Superblocks, Quartiere, in denen der Autoverkehr zugunsten von Aufenthalts- und Spielflächen, Rad- und Fußverkehr stark reduziert wird. Am Ende des Projekts wird aus diesen Ergebnissen ein Handlungsleitfaden für Kommunen entstehen.
Das Interview führte Leonie Tasse, Praktikantin im Team Öffentlichkeitsarbeit.