Prof. Dr. Michael Rodi ist Direktor des IKEM, emeritierter Professor der Universität Greifswald und ein Pionier auf dem Gebiet des Umweltrechts: Er erforscht die Zusammenhänge zwischen Recht, Nachhaltigkeit und Klimapolitik seit den Anfangsjahren der Disziplin. Für ihn war es ein ereignisreicher Herbst: Gerade hat er den Greifswald Research Award erhalten und ist von seiner langjährigen Tätigkeit an der Universität zurückgetreten. Wir haben mit dem IKEM-Direktor über die Geschichte des Instituts, seine Inspiration für das neue Buch und seinen größten Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels gesprochen.
Sie waren von 1999 bis 2021 Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Finanzrecht, Umwelt- und Energierecht an der Uni Greifswald. Was hat Sie dazu bewogen, 2009 zusätzlich dazu noch ein ganzes Institut zu gründen?
Ich habe meine akademische Ausbildung bei Klaus Vogel im Bereich Finanz- und Steuerrecht gemacht, es hat mich aber schon immer in Richtung Umweltrecht gezogen. Mein Traum war es, zu interdisziplinären Fragen des Rechts- und Politikrahmens der Energietransformation zu forschen, möglichst viele junge und ambitionierte Wissenschaftler:innen in Lohn und Brot zu setzen und schließlich auch Einfluss auf die Klimapolitik zu nehmen. Deshalb habe ich das IKEM gegründet, das letztes Jahr schon sein zehnjähriges Jubiläum feiern konnte.
Wie lief die Gründung des IKEM ab?
Ganz einfach: Der Senat der Universität gestattete mir, das IKEM als universitäres An-Institut zu gründen. Voraussetzung war, dass die personellen Ressourcen innerhalb der Universität nicht vorhanden sind, um dieses Ziel mit einem Universitäts-internen Institut zu erreichen.
Ich bin sehr dankbar für die große Unterstützung, die ich von der Universitätsleitung und meinen Kollegen für diese, schon auch waghalsige, Idee bekommen habe. Die Gründung des IKEM war etwas Besonderes, das hätte sich nicht jede Universität getraut.
Seitdem sind Sie der geschäftsführende und wissenschaftliche Direktor des IKEM. Wie kann man sich Ihre Rolle vorstellen?
Ich führe das IKEM vermittelt durch eine starke Geschäftsführung – bestehend aus Susan Wilms zusammen mit Simon Schäfer-Stradowsky – und starke Teamleiter:innen. Das Institut ist bei ihnen in besten Händen. Meine zentrale Rolle sehe ich vor allem in der akademischen Leitung des Instituts. Über die Forschungsakademie habe ich hier eine unmittelbare Rolle. Und ich denke sie ist wichtig, denn wir wollen weiter am akademischen Ruf des IKEM als wissenschaftliches Institut und universitäres An-Institut arbeiten.
Mit Ihrer Emeritierung werden Sie sich in Zukunft noch stärker dem IKEM zuwenden. Wie sehen die Pläne für die Zukunft aus?
Wir haben uns auch für die nächsten zehn Jahre ehrgeizige Ziele gesteckt. Wir wollen neben der international ausgerichteten Climate and Carbon Law Review (CCLR) nunmehr auch im deutschsprachigen Raum eine Zeitschrift für Klimarecht begründen. Zudem wollen wir einen Studiengang im Klima- und Energiewenderecht sowie ein Graduiertenkolleg gründen. Es bleibt also auch nach zehn Jahren IKEM immer noch spannend!
Sie sind neben Ihrer Tätigkeit am IKEM und der Universität auch Autor zahlreicher Bücher. Bald erscheint Ihr „Handbuch Klimaschutzrecht“. Welchen Beitrag zum Thema Klimaschutz erhoffen Sie sich von Ihrem Buch?
Das Klimaschutzrecht ist ein neues, bedeutsames Rechtsgebiet. Seine Erforschung steht erst am Anfang und die akademische Welt wartet auf ein erstes Standardwerk. Ich wollte hier Maßstäbe setzen, insbesondere in Bezug auf die enorme Bedeutung der Rechtspolitik in diesem Bereich. Damit ist die Hoffnung verbunden, dass wir so auch die rechtspolitische Debatte nachhaltig, im Sinne des Klimaschutzes, beeinflussen können. Die Tatsache, dass das Buch zum Auftakt der Koalitionsverhandlungen erscheint, trifft sich insofern doch sehr gut.
Wo liegen die größten Hindernisse, die für ein effektives Klimaschutzrecht überwunden werden müssen?
Zunächst ist dafür politischer Wille erforderlich. Der hat lange gefehlt. Nun gibt es einige Lichtblicke: Die Europäische Union hat mit dem Green Deal und dem Gesetzgebungsprogramm „Fit for 55“ ehrgeizige Ziele und Maßnahmenprogramme festgelegt. Auch in Deutschland hat sich der politische Wille verändert. Ehrgeiziger Klimaschutz scheint konsentierte Basis der anstehenden Koalitionsverhandlungen zu sein. Ein weiteres Hindernis auf dem Weg zu einem effektiven Klimarecht sehe ich in dem Fehlen einer rechtspolitischen Feinarbeit. Hierzu soll das Buch einen wichtigen Beitrag leisten.
An welcher Stelle, würden Sie sagen, haben Sie die größte Wirkung im Kampf gegen den Klimawandel erzielen können?
In meiner Zeit als Regierungsberater hatte ich großen und unmittelbaren Einfluss. Beispielsweise in Vietnam auf eine umfassende, ökologische Steuerreform.
Gleichwohl glaube ich, dass es längerfristig das IKEM ist, das die größere und vor allem nachhaltigere Klimaschutzwirkung hat.
Rückblickend auf über 20 Jahre an der Universität Greifswald: Was war Ihre schönste Erinnerung?
Meine schönsten Erinnerungen gelten sicherlich meinen internationalen Aktivitäten, wie zum Beispiel den im Ausland abgehaltenen Summer Academies, insbesondere der legendären Summer Academy an den Ufern des Baikalsees 2005, zum Thema „Implementing Kyoto“. Über Nacht wurde dort mein Lehrstuhlschild von Studierenden mal in „Lehrstuhl für Öffentliches Recht und angewandte Touristik“ umbenannt. Darüber muss ich heute noch manchmal lachen.
Das Interview führte Nina Schmelzer, Praktikantin im Team Öffentlichkeitsarbeit.