Das Projekt MEISTER sollte die Voraussetzungen für „Smart E-Mobility“ in drei europäischen Großstädten verbessern. Maxim Blankschein, wissenschaftlicher Referent im Fachbereich Mobilität, ist innerhalb des IKEM für das Projekt zuständig. Er hat uns erklärt, was die Städte für die Forschung interessant macht und welche Erkenntnisse MEISTER gebracht hat.
IKEM: Elektromobilität erlebt derzeit einen regelrechten Hype. Habt ihr davon auch innerhalb des Projekts etwas gemerkt?
Maxim Blankschein: Das haben wir. Während der Projektlaufzeit hat sich die Anzahl der zugelassenen Elektrofahrzeuge in den MEISTER-Pilotstädten mehr als verdreifacht! Das war beflügelnd für mich, denn es hat mir gezeigt, dass wir mit dem was wir machen, am Zahn der Zeit sind.
Was war das Ziel von MEISTER?
In MEISTER hat sich alles um den Ausbau und die Nutzung von Elektromobilität im urbanen und suburbanen Kontext gedreht. Das Horizon-2020-Projekt sollte Anwendungen wie das E-Carsharing erproben und eine interoperable Plattform für die Nutzer:innen dieser Angebote entwickeln. In MEISTER wurde außerdem untersucht, wie der Aufbau von Ladeinfrastruktur besser in die Stadtplanung integriert werden kann und wie Elektromobilität durch gesteuertes Laden einen Beitrag zur Stabilität des Stromnetzes leisten kann.
Die am Projekt beteiligten Städte waren neben Berlin auch Málaga und Stockholm. Wie kam es zu dieser Auswahl?
An den drei Pilotstädten sollten unterschiedliche Anwendungen und Betriebskonzepte getestet werden. Málaga hat einen historischen Stadtkern mit einer hohen Bevölkerungsdichte und engen Straßen und wurde deshalb für die Erprobung von Last-Mile-Konzepten für die urbane Logistik ausgewählt. Die Stadt Stockholm besitzt eine große Flotte zur Erbringung häuslicher Pflegedienste. Dort sollte verdeutlicht werden, dass die Elektrifizierung kommunaler Flotten trotz hoher Fahrtleistungen und geringen Standzeiten möglich ist. Und in Berlin wurde veranschaulicht, wie nachhaltige Elektromobilität beim Aufbau oder der Modernisierung von Stadtquartieren mitgedacht werden kann.
Welche Unterschiede gibt es hinsichtlich Elektromobilität zwischen den drei Städten?
Der Hochlauf der Elektromobilität ist in den Partnerstädten unterschiedlich weit fortgeschritten. In Stockholm machen Elektrofahrzeuge beispielsweise bereits fast 20 Prozent des Gesamtfahrzeugbestands aus. In Berlin und vor allem in Málaga ist der Anteil deutlich geringer. Auch die Anzahl öffentlich zugänglicher Ladepunkte, die Größe elektrischer Flotten im Wirtschaftsverkehr und die Verfügbarkeit öffentlich zugänglichen Parkraums unterscheidet sich zwischen den Partnerstädten. Daraus resultieren zum Beispiel verschiedene Anforderungen an den Ausbau der Ladeinfrastruktur und eine unterschiedlich starke Nutzungskonkurrenz an öffentlichen Ladepunkten.
Welche Ergebnisse hat das Projekt hervorgebracht?
Unsere Wirkungsanalyse hat ergeben, dass durch die Nutzung von Elektromobilität die relativen CO2-Emissionen in allen untersuchten Anwendungsfällen signifikant verringert werden konnten. Nutzer:innen der MEISTER-Angebote konnten ihre Mobilitätskosten im Vergleich zur Nutzung eines privaten Pkws mit Verbrennungsmotor deutlich senken. Außerdem haben wir festgestellt, dass die Akzeptanz von Elektromobilität – unter anderem mithilfe der MEISTER Apps – gesteigert werden konnte. Die beteiligten Kommunen haben mit den in MEISTER entwickelten intelligenten Park- und Ladesystemen ein Werkzeug erhalten, mit dem Parkdruck durch ladende Elektrofahrzeuge erfolgreich vorgebeugt werden kann.
Es gibt MEISTER Apps? Welche Funktionen haben Sie?
Im Projekt wurden verschiedene Apps – unter anderem zur Reservierung von E-Fahrzeugen, Ladestellplätzen und Parkplätzen – entwickelt und mit unterschiedlichen Zielgruppen, darunter Mieter:innen, städtische Angestellte und Logistikbetreiber, getestet. Über die Quartiersmobilitätsapp kann beispielsweise ein Ladestellplatz reserviert werden. Diese Stellplätze sind mit Parkbarrieren versehen, die sich zu Beginn des Ladevorgangs mithilfe der App öffnen lassen.
Was hast du aus dem Projekt gelernt?
Damit die Mobilitätswende und die Energiewende im Verkehr gelingen können, bedarf es eines intelligenten Zusammenwirkens zahlreicher Lösungen auf unterschiedlichen Ebenen. MEISTER hat beispielsweise gezeigt, dass wir das öffentliche Laden netzdienlicher machen und gleichzeitig dem hohen Parkdruck im urbanen Raum entgegenwirken können, wenn wir gesteuertes Laden mit reservierbaren Ladestellplätzen kombinieren. Häufig können auch einfache Lösungen, wie die Möglichkeiten zur privaten Nutzung gewerblicher oder kommunaler Flottenfahrzeuge, einen wichtigen Beitrag zu diesen großen Transformationen leisten. Damit solche Konzepte und neue Technologien auch zur praktischen Anwendung kommen, müssen die Bedürfnisse von Nutzer:innen stärker in den Vordergrund rücken.
Wie kann das gelingen?
Hier besteht noch Forschungsbedarf, dem wir uns in weiteren Projekten zur Elektromobilität widmen wollen. Spannend ist unter anderem die Frage, unter welchen Umständen Nutzer:innen bereit sind, ihre Ladevorgänge im Voraus zu planen und somit eine effizientere Nutzung öffentlicher Ladepunkte zu ermöglichen.