Internationale Expert:innen sprachen sich heute bei einem offiziellen COP27 Side-Event im ägyptischen Sharm El-Sheik für neue rechtliche Ansätze aus, um klimabezogene Rechtsstreitigkeiten auch ohne Gerichtsverfahren beizulegen. Von den Referent:innen dargestellte Erfahrungen aus drei Kontinenten machten die wachsende Bedeutung außergerichtlicher Streitbeilegungsmethoden wie Klimaschiedsverfahren und -mediation deutlich. Die Veranstaltung wurde vom Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität (IKEM) in Zusammenarbeit mit Mediators Beyond Borders International (MBBI) und der International Environmental Communication Association (IECA) ausgerichtet.
Die Europäische Union und zahlreiche Staaten in aller Welt haben in den letzten Jahren neue Klimagesetze erlassen. Die Entwicklung des Klimarechts ist ein großer Schritt nach vorn und bietet Regierungen, Unternehmen und Bürger:innen einen Rahmen für die Umsetzung von Klimaschutz- und Klimaanpassungsmaßnahmen. Die wachsende Bedeutung des Klimarechts bietet jedoch auch Anlass für Konflikte und Rechtsstreitigkeiten.
IKEM-Direktor Prof. Dr. Michael Rodi erklärt dazu: „Wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, müssen Unternehmen und ihre Lieferketten klimaneutral werden. Aus rechtlicher Perspektive jedoch sind Begriffe wie ‚Klimaneutralität‘ und ‚Klimapositivität‘, die in Zertifizierungsprozessen verwendet werden, möglicherweise nicht hinreichend definiert, oder ihre Definitionen variieren in verschiedenen Ländern. Es ist zu erwarten, dass diese Unklarheiten in den kommenden Jahren zu Greenwashing-Vorwürfen und zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten zwischen transnationalen Akteuren führen werden.“
Die Weltgemeinschaft wird Zeit benötigen, um sich auf genaue Definitionen und Rechtsgrundsätze zu einigen. Bis dahin besteht ein großer Bedarf nach Konzepten zur Konfliktbewältigung. Dr. Greta Reeh, Leiterin der IKEM-Forschungsakademie, sagt dazu: „Angesichts der Dringlichkeit der Klimakrise und der zu erwartenden Mehrung von Rechtsstreitigkeiten können alternative Streitbeilegungsmechanismen eine sinnvolle Option sein. Durch sie lassen sich kostspielige und oft zeitaufwändige Gerichtsverfahren vermeiden, vor allem in solchen Fällen, bei denen eine Vielzahl widerstreitender Interessen aufeinandertrifft. Wir sind überzeugt, dass Mechanismen wie Schiedsverfahren und Mediation geeignet sind, um komplexe Klimastreitigkeiten zwischen mehreren Parteien zu lösen.“
Derzeit existieren noch keine allgemein akzeptierten Verfahrensgrundlagen und Richtlinien für Klimaschiedsverfahren und -mediationen. Beim Side-Event stellte das IKEM daher das Konzept eines internationalen Klimaschiedsgerichts vor. IKEM-Geschäftsführer Dr. Simon Schäfer-Stradowsky erklärt: „Ein Klimaschiedsgericht könnte einen verlässlichen Rahmen bieten, um Rechtsstreitigkeiten schnell und effizient zu lösen. Darüber hinaus würde die Beteiligung von Klimaexperten gewährleisten, dass die Entscheidungen des Schiedsgerichts auf den wissenschaftlichen Erkenntnissen zum Klimawandel beruhen. Sowohl der Klimaschutz als auch die internationale Klimaschiedsgerichtsbarkeit würden daher von einer solchen Institution profitieren.“
Die folgenden Referent:innen waren auf dem Side-Event vertreten:
- Prof. Dr. Michael Rodi (IKEM)
- Dr. Greta Reeh (IKEM)
- Maria João C. P. Rolim (Rolim, Viotti, Goulart, Cardoso Advogados)
- Christine Peringer (MBBI)
- Joseph A. Siegel (MBBI)
- Miriah Russo Kelly (IECA)
- Gregg Walker (IECA)