Die Bitcoin-Technologie ist zwar energieintensiv, aber ihr Einfluss auf den Klimawandel wird überschätzt. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie von Wissenschaftlern des IKEM – Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität und der RWTH Aachen, deren gekürzte Fassung heute in der Fachzeitschrift Nature Climate Change erschien. Dabei beziehen sich die Forscher auf eine Veröffentlichung aus den USA, die im vergangenen Jahr für Aufsehen sorgte.
Ein amerikanisches Team um den Biologen Camilo Mora hatte im Oktober 2018 gewarnt, Bitcoin-Transaktionen allein würden innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte zu einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um zwei Grad führen. In einer nun ebenfalls in der Fachzeitschrift Nature Climate Change veröffentlichten Replik widersprechen die deutschen Energieforscher Lars Dittmar, Experte für Energiewirtschaft am IKEM und Aaron Praktiknjo, Juniorprofessor für Energieressourcen- und Innovationsökonomik der RWTH Aachen, den Ergebnissen von Mora.
„Die heutigen Emissionen von Bitcoin wurden um ein Vielfaches überschätzt und unhaltbare Annahmen zur Bitcoin-Technologie getroffen“, so Dittmar. „In ihren Szenarioanalysen geht das Mora-Team davon aus, dass zukünftig der gesamte weltweite elektronische Zahlungsverkehr über Bitcoin abgewickelt wird. Dazu ist Bitcoin technisch noch überhaupt nicht in der Lage.“ Die benötigte Anzahl an Transaktionen pro Jahr müsse dafür 500-mal höher als das derzeitige Transaktionslimit von Bitcoin sein.
Grundsätzlich sei zu bedenken, dass der Stromverbrauch des Bitcoin-Netzwerks nicht proportional mit der Anzahl der Transkationen wachse. „Hinter dem Stromverbrauch von Bitcoin steht ein komplexes System, das im Wesentlichen vom Bitcoin-Kurs und den Stromkosten abhängig ist, nicht aber von der Anzahl an Transaktionen“, erklärt Praktiknjo. „Das Gegenteil ist der Fall: Durch mehr Transaktionen sinkt der Energieverbrauch pro Transaktion.“
Auch die von Mora entwickelten Szenarien zum Energieverbrauch durch Bitcoin seien nicht plausibel. Demnach würde sich der globale Stromverbrauch durch die Bitcoin-Technologie innerhalb der nächsten fünf Jahre verdreifachen. Ein so schnelles Wachstum ist nach Auffassung der Forscher bereits aufgrund technischer Restriktionen unrealistisch: „Die Errichtung von Energieinfrastruktur braucht erhebliche Vorlaufzeiten. Eine Verdreifachung der Elektrizitätsinfrastruktur in nur fünf Jahren ist ausgeschlossen.“, erläutert Dittmar.
Zum vollständigen Artikel: https://www.nature.com/articles/s41558-019-0534-5
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Nature Artikel: Link
Das IKEM – Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität besteht seit November 2009 als gemeinnütziges und unabhängiges Forschungsinstitut. Am IKEM forschen rund 50 Wissenschaftler_innen zu den wichtigsten Fragen der Energie- und Mobilitätswende. Der Fokus liegt dabei auf den Wechselwirkungen zwischen Regulatorik, Klimaschutz und Ökonomie.